Als Mensch sind wir immer wieder Situation ausgeliefert, in denen wir uns hilflos und ausgeliefert fühlen. Das ist im Kleinen so, wenn zum Beispiel die Krapfen beim Bäcker aus sind, auf die man sich schon so gefreut hat, aber aber auch im Großen, wenn, wie aktuell, eine Pandemie im Gange ist, Krieg in Europa ausgebrochen ist und der Klimawandel die Zukunft von uns allen bedroht. Dazwischen lässt uns noch ein Freund im Stich, eine Beziehung geht zu Bruch oder wir verlieren den Job.

Die Frage ist jetzt nicht, wie wir das alles verhindern können, oder wir wir die Kontrolle darüber erlangen können. Denn darauf gibt es keine Antwort. Das meiste im Leben, entzieht sich unsere Kontrolle, ob wir das wollen oder nicht.

Wir sollten uns dafür um so mehr bewusst die Frage stellen, wie wir mit diesen Situationen umgehen sollen und was wir machen können um für uns selbst besser damit klar zu kommen.

Zunächst sollten wir beobachten, uns bewusst machen, wie wir normalerweise Reagieren, wenn wir uns hilflos fühlen. Ganz oft versuchen wir uns einfach abzulenken. Das funktioniert oft eine Zeit lang ganz gut, bei kleinen Sachen, wie beim Krapfen, genügt das auch meist. Größere Sachen lassen sich aber nicht so leicht, allenfalls kurzzeitig, abschütteln und es braucht andere Methoden.

Eine, letzten Endes toxische, Methode ist es, sich Kontrolle zu konstruieren. Ein Feindbild ist schnell ausgemacht. Sei es der Bäcker, der zu wenig Krapfen gebacken hat, geldgeile Medien die nur Angst vor einem harmlosen Schnupfen schüren wollen um mehr Werbeeinnahmen zu generieren, oder gleich eine geheime Weltregierung die uns zwar allen nichts gutes will, aber zumindest alles unter Kontrolle hat.

Mit dieser Methode gaukeln wir uns selbst eine Kontrollierbarkeit vor, die es so nicht gibt. Sicher, die Hilflosigkeit und das Gefühl ausgeliefert zu sein mag sie verdrängen, vielleicht auch die Schuldgefühle, die man hat, weil man selbst zu einer Situation beigetragen hat. Im Grunde aber, versteckt man sich nur vor alle dem. Verfolgt man diese Methode ist man eigentlich ständig auf der Flucht, fühlt sich immer als Opfer und alle anderen sind nur Gegner die einem Böses wollen, denn sie könnten einen ja daran erinnern, das das eigene Selbst- und/oder Weltbild nur eine Illusion ist. Je nach Charaktertyp, zieht man sich dann immer weiter aus der vermeintlich feindseligen Gesellschaft zurück, das kann auch nur innerlich sein und von außen gar nicht auffallen, oder versucht sine Illusionen anderen mit aller Gewalt, manchmal auch im wörtlichen Sinne, aufzudrängen. In beiden Fällen hilft man letztendlich weder sich selbst, noch irgendwem anderen damit.

Kurz erwähnen möchte ich noch die Empörung als Methode. Solange diese nämlich als Selbstzweck betrieben wird, ist sie, je nach Ausprägung, entweder einfach nur Ablenkung oder ähnelt der letzt genannten Methode des vorgaukelns von Kontrolle. Empörung kann aber auch ein Einstieg in eine ernste und tiefe Auseinandersetzung mit einem Thema sein und die Grundlage eines konstruktiven Gesprächs.

Soweit so gut, oder eher schlecht. Gibt es auch konstruktivere Methoden um mit der eigenen Hilflosigkeit umzugehen?

Ja! Ein konstruktiver Umgang beginnt immer mit dem bewussten Wahrnehmen der jetzigen Situation, gefolgt von der Akzeptanz dieser. Ich muss zunächst einmal bewusst checken, dass ich mich hilflos fühle und es mir eingestehen. Das alleine reicht oft schon aus, damit uns sinnvolle Handlungsmöglichkeiten einfallen. Auch wenn das jetzt so schnell hin geschrieben ist, zu einfach und nicht gerade wie eine Offenbarung klingt, ist es dennoch beides. Das Zauberwort heißt üben! Wenn wir damit beginnen täglich einmal bewusst zu schauen wie es uns gerade geht, erinnern wir uns immer öfter daran, bewusst zu schauen wie es uns gerade geht. Es fällt uns dann mit der Zeit auch leichter uns in angespannten und stressigen Situation daran zu erinnern.

Das akzeptieren der eigenen Hilflosigkeit ist oft nicht leicht zu ertragen, darum versuchen wir es ja oft mit allen Mitteln zu vermeiden. Wir sind dann sogar feindselig gegenüber Personen, die ihre Hilflosigkeit zum Ausdruck bringen, weil sie uns ja an unsere eigene erinnern. So machen wir es dann auch anderen schwer, sich mit ihrer Hilflosigkeit anzufreunden. Das heißt, die beste, sinnvolle Handlungsweise, die wir verfolgen können, wenn wir und sonst Hilflos fühlen, ist es, ein Umfeld zu schaffen, wo es ok ist hilflos zu sein. Siehe da! Jetzt sind wir nicht mehr ganz so hilflos, wir können etwas tun! Wir können für einander da sein, uns gemeinsam mit unserer Hilflosigkeit anfreunden und wenn wir genug sind, sind wir im Endeffekt auch bei den größten Problemen nicht mehr hilflos. Zumindest haben wir ein Umfeld in dem wir uns wohl fühlen, egal wie wir uns sonst so fühlen. Das ganze kann mitunter eine große Aufgabe sein, die Geduld, Einfühlungsvermögen aber auch manchmal Strenge und Konsequenz verlangt. Manchmal muss man sich und andere Personen auch voneinander fern halten, im besten Fall aber nur vorübergehend. Es heißt auch zu reflektieren, sich selbst in Frage stellen und andere Sichtweisen einzunehmen, auch wenn sie den eigenen widersprechen. Es heißt zu differenzieren, nicht alles ist schwarz und weiß, trotzdem hat alles Konsequenzen. Das sind alles sehr anstrengende und fordernde Sachen, die aber mit Übung und vor allem gemeinsam immer leichter werden. Und seien wir uns ehrlich, diese Anstrengung ist es doch viel mehr Wert als die Anstrengung immer auf der Flucht von der Realität zu sein und seine Illusion aufrecht zu erhalten.

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